Die Kampagne von Sanktionsfrei e.V. und Paritätischem will mit Stigmatisierungen und Vorurteilen gegen Hartz-IV-Empfänger*innen aufräumen
#hartzfacts informiert mit großformatigen Plakaten an S- und U‑Bahnhaltestellen bundesweit über die Bedingungen unter denen ALG II Empfänger*innen leben. Die Kampagne will mit Vorurteilen aufräumen.
Menschen, die Arbeitslosengeld II, auch Hartz IV genannt, beziehen, werden mit Vorurteilen konfrontiert. Die Bilder in der Öffentlichkeit sind die von der sozialen Hängematte und von faul auf dem Sofa liegenden, ungebildeten, Alkohol und Drogen konsumierenden oder kriminellen Menschen. Ihnen wird nachgesagt, sie würden sich nicht um die Erziehung ihrer Kinder kümmern, in verwahrlosten Verhältnissen leben oder sich ein schönes Leben machen auf Kosten des Staates.
Diese Bilder sind als Vorurteile tief in unseren Denkmustern verankert und eine Form von Diskriminierung. Die Diskriminierung von Personen(-gruppen) aufgrund ihrer Klassenherkunft oder ‑Position wird als Klassismus bezeichnet. Als Antiklassistische Assoziation wenden wir uns gegen klassistische Diskriminierung.
Neben anderen menschenfeindlichen Einstellungen wie Rassismus und Sexismus stellt diese eine Gefahr für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und für den Bestand unserer demokratischen Werte dar.
Es gibt zahlreiche Gründe, die dazu fuhren, dass Menschen auf Grundsicherung angewiesen sind: ein niedriger Verdienst, Ausbildung oder Qualifizierungsmaßnahmen, Erkrankung, Pflege und Erziehung von Angehörigen oder Überqualifizierung. Die kapitalistische Gesellschaftsordnung produziert zwangsläufig Abhängigkeiten. Und nicht alle Menschen haben die gleichen Voraussetzungen und Chancen und können somit nicht in gleicher Weise am gesellschaftlichen Leben und damit auch am Arbeitsleben teilnehmen.
Menschen, die ALG II beziehen, leben unter der Armutsgrenze. Hartz IV soll dazu reichen, die Grundbedürfnisse zu stillen und Menschen so schnell wie möglich in Erwerbsarbeit zu bringen. Was das Gesetzbuch auch sagt: Die Grundsicherung soll ein Leben in Würde garantieren. In der Realität ermöglicht die Grundsicherung jedoch nur die Erfüllung der fundamentalsten Grundbedürfnisse. Das heißt sie reicht zum Überleben, aber nicht für ein menschenwürdiges Leben. Der Hartz IV-Satz ist demnach nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, das allen Menschen das Recht auf ein Leben in Würde garantieren will. Darüber hinaus wirken die Sanktionen, Ausgrenzungen und Stigmatisierungen von Hartz IV-Bezieher* innen einschüchternd und disziplinierend.
In den nächsten Monaten wird über die Neuregelung der Grundsicherungssätze verhandelt und wir unterstützen die Forderung von Sanktionsfrei e.V. und Paritätischem, den Regelsatz von jetzt 432 € auf mindestens 600 € anzuheben. Wir unterstützen ebenso die Forderung nach der vollständigen Abschaffung der Sanktionen. Ein Sozialsystem soll nicht stigmatisieren, sondern Unterstützung leisten für die, die aus vielfältigen Gründen gerade nicht in der Lage sind, Erwerbsarbeit zu leisten, ihre Mieten zu zahlen oder ihren sonstigen Lebensbedarf zu decken. Die Würde des Menschen soll nicht nur auf dem Papier unantastbar sein. Erwerbslosendiskriminierung gehört entsprechend anderer Diskriminierungen gesetzlich verboten.
Das hohe Wohlstandsniveau in Deutschland kann ein menschenwürdiges Leben für alle ermöglich Wenn wir uns dafür entscheiden, können wir allen Mitgliedern unserer Gesellschaft gleichermaßen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben garantieren. Die Konsequenz dieser Bemühung ist langfristig die Überwindung des Systems Hartz IV.
Die Antiklassistische Assoziation sind folgende antiklassitische Projekte:
Referat für Sozial Finanziell Kulturell benachteiligte Studierende (SoFiKuS Marburg)
Referat fur antiklassistisches Empowerment (fakE Köln)
Referat für finanziell und kulturell benachteiligte Studierende
(fiskuS Münster)
Dishwasher – Magazin von und für Arbeiter*innen|kinder
klassismus ist keine kunstepoche (kikk)
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